Die Donaumonitore der deutschen Kriegsmarine

Verfasst von Renato Schirer

In der k. u. k. Monarchie hatten die Flusskriegsschiffe, hier im Besonderen der „Donaumonitor“, eine lange Tradition.[1] Diese wurde auch von den Nachfolgestaaten, welche 1918 durchweg auch die Schiffe der ehemaligen österreichisch-ungarischen Donauflottille übernommen hatten, weitergeführt. Ebenso unterhielten, aufgrund der Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg, Rumänien und die Sowjetunion entsprechende stark bewaffnete Flusskampfschiffe. Das Deutsche Reich wurde mit dieser Frage erst nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 konfrontiert, als man die wenigen, zum größten Teil überalterten österreichischen Schiffe des Bundesheeres übernahm. Schon wenige Monate nach dem Anschluss erklärte das Oberkommando der Marine (OKM) die Schiffswerft Linz A. G., als erste Firma in der Ostmark, zum Rüstungsbetrieb.[2] Unmittelbar darauf wurden Bauaufträge für einen Donaumonitor und mehrere Panzermotorboote sowie für zwei Versorgungsschiffe und für ein Werkstattschiff vergeben, alle für die neu aufgestellte deutsche Donauflottille. Mit Rücksicht auf das U-Bootbauprogramm wurden bei Kriegsbeginn die erteilten Friedensaufträge für den Monitor und die Panzermotorboote zurückgezogen.[3]


"Bechelaren"
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Mit der Einverleibung der Tschechoslowakei im März 1939 kam erstmals ein „Donaumonitor“ in deutschen Besitz. Es war der von 1929 bis 1931 auf der Skoda-Werft in Komorn (Komárom) erbaute Monitor „President Masaryk“, der im Mai 1939 unter dem Namen „Bechelaren“ in die Donauflottille eingereiht wurde. Das Schiff wurde im November 1939 zum Umbau in die Werft nach Korneuburg beordert und später, im Mai 1940, in noch unfertigen Zustand nach Linz geschleppt. Als im Vorfeld des Balkanfeldzuges die mittlerweile stillgelegte Donauflottille wieder aktiviert wurde, gelang es erst Anfang Mai, also lange nach der Eröffnung der Kampfhandlungen, die „Bechelaren“ kriegsbereit zu machen. Nach dem Beginn des Feldzuges gegen die Sowjetunion wandte sich die Aufmerksamkeit rasch wieder vom Donauraum ab. Erst als die Aktivitäten der jugoslawischen Partisanen im Sommer 1943 die Schifffahrt immer mehr bedrohten, musste ein Sicherungseinsatz auf der Donau, zwischen Bazias und Neusatz (Novi Sad), eingerichtet werden, als Führerschiff für diesen Einsatz wurde die „Bechelaren“ bestimmt.

Doch bereits Anfang September 1943 musste das Schiff wegen ständiger Turbinenschäden aus dem Einsatz genommen werden. Da es an Werftkapazität mangelte, konnte das Schiff erst im Januar 1944 in die Schiffswerft in Linz überstellt werden, wo der Umbau auf Dieselmotoren erfolgte. Das 49 m lange und 6 m breite Schiff war mit 2 Seezielkanonen 6,6 cm (t), einer Seezielkanone 3,7 cm und einer 2 cm Flak bewaffnet. Die neuerliche Indienststellung erfolgte am 30. April 1944.[4] Von Januar bis März 1945 wurde die „Bechelaren“ neuerlich umgebaut, wobei diesmal auch die tschechischen 6,6 cm Türme durch 8,8 cm Seezielkanonen deutscher Bauart ersetzt wurden.

Nach dem frühen Ausfall der „Bechelaren“ standen nur mehr zwei wenig kampfkräftige ehemaligen Schlepper, die von der Donauflottille als Hilfs-Minensuchboote verwendet wurden, zur Verfügung. Diese Motorzugschiffe, „Alberich“ und „Gunther“, mussten nun als Wachschiffe eingesetzt werden. Nun rächte sich der Mangel an vorausschauender Planung. Die Donauflottille, bisher im Schatten der kriegerischen Ereignisse im Schwarzen Meer, konnte keine geeigneten Schiffe für die Sicherung dieses wichtigen Verkehrsweges mehr aufbieten. Es war vor allem die Zufuhr des rumänischen Erdöls, aber auch der Nachschub für die Heeresgruppen in Südrussland und auf dem Balkan, welche die Sicherung der Schifffahrt auf der Donau in den Mittelpunkt des Interesses rückte.


Der Offenbarungseid

Da der Umbau der Antriebsanlage mit einigen Monaten Werftliegezeit für die „Bechelaren“ verbunden war, ließ sich die Misere kaum mehr verschleiern. Es war nur eine Frage der Zeit, bis diese Problematik auch an höchster Stelle nicht mehr ignoriert werden konnte. Die Marineführung, die für diese Fehlentwicklung ein gerüttelt Maß an Verantwortung trug, war in dieser Angelegenheit bisher in der Deckung geblieben, so dass der Anstoß zur Lösung des Problems von einer nachgeordneten Dienststelle kommen musste. Das geschah am 25. November 1943 als die Marinegruppe Süd, welche auch für die Donauflottille zuständig war und auch den Mangel an geeigneten Flusskriegsschiffen auf der Donau schon des Öfteren thematisiert hatte, mit Nachdruck die sofortige Zuteilung von fünf leistungsstarken Motorzugschiffen verlangte. Diese sollten für einen raschen Umbau zu Behelfs-Monitoren zur Verfügung stehen. Wobei gefordert wurde, dass die in Aussicht genommenen Schiffe für einen Einsatz auf der Donau, auch bei starken Strömungsverhältnissen wie an den Katarakten-Stellen, voll geeignet sein sollten.

Die zuständige Abteilung der Seekriegsleitung (Skl Qu A), wohl erleichtert nicht selbst die Initiative übernehmen zu müssen, trat dem Antrag sofort bei und leitete die Liste mit den zu Gunsten der Kriegsmarine in Anspruch zu nehmenden Schiffe bereits am nächsten Tag an das Oberkommando der Wehrmacht weiter.[5] Doch für die Wehrmachtstransportleitung Südost (WTL SO) in Wien, welche für die Transporte auf der Donau zuständig war, kam ein Verzicht auf ihre größten und stärksten Schiffsneubauten nicht in Frage. Da die WTL SO eine Übergabe der geforderten Schiffe an die Marine verweigerte, wurde diese Materie Hitler zur Entscheidung vorgelegt. Dabei setzten sich vorerst die Argumente des Wehrmachtstransportchefs durch, wie die, im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung überlieferte, wohl ironisch gemeinte Bemerkung Hitlers zum Begehren der Marine vermuten lässt.

Dazu findet sich Im Kriegstagebuch der Seekriegsleitung, Teil A (in der Folge zitiert als KTB) am 6. Dezember 1943 folgende Eintragung: „Vortrag Chef Skl Qu A über Frage Donau-Monitore: Erste Schlepper, die bei OKW angefordert wurden, sind abgelehnt, da für Transportzwecke unentbehrlich. Marine soll andere Schlepper für Umbau erhalten. Führer hat zu Angelegenheit bemerkt: „Marine will wohl wieder Schlachtschiffe H bauen?“.[6]


"Bechelaren"
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Trotz Hitlers Entscheidung konnte der Heerestransportchef nicht zufrieden sein, wie der am 7. Dezember ausgefertigten OKW-Befehl zeigt. Es war wieder einmal einer der für den Chef des OKW, Generalfeldmarschall Keitel, so typischen Kompromisse. In dem Befehl hieß es dann: „Wehrmachtstransportchef gibt zunächst vier dringend benötigte Schlepper ab, die zum Umbau als Donau-Monitore geeignet sind. Auf Anforderung OKM Skl Qu ist zu einem späteren Zeitpunkt ein 5. Schlepper zu stellen.“[7] Bei der Seekriegsleitung dürfte man von der Haltbarkeit dieses Kompromisses nicht recht überzeugt gewesen sein, wie das KTB vom 9. Dezember beweist: … „Schließlich befiehlt Chef Skl, dass Frage der Konstruktionszeichnungen für Monitore – unbeschadet des geplanten Schlepperumbaus – mit K-Amt sofort besprochen wird.“[8]

Mittlerweile hatte sich auch die Transportlage im Schwarzen Meer rapide verschlechtert und der Wehrmachtsführungsstab forderte von der Marine energische Maßnahmen zur Sicherung der für das Heer lebenswichtigen Nachschubtransporte. Um diese ständigen Attacken des Generalstabes des Heeres zu parieren, musste die Marine endlich Farbe bekennen und ihre Karten auf den Tisch legen. So berichtet das KTB am 14. Dezember 1943 über die imaginären Donaumonitore folgendes: …“Skl unterrichtet OKW/WFSt op (M) über Fahrzeugbestand wie folgt: … 3.) Mit Zuführung von Donaumonitoren ins Schwarze Meer zur Verstärkung Geleitsicherungskräfte kann nicht gerechnet werden. Donaumonitore nur beschränkt seefähig; Abzug außerdem nicht vertretbar, nachdem vom Führer befohlene Verstärkung Donausicherung durch Herrichtung von Behelfsmonitoren wegen Fahrzeugmangel nur beschränkt durchführbar.“[9]

Hier wurden Erstmalig die Begriffe Donaumonitor und Behelfsmonitor verwendet, die in den folgenden Wochen die Diskussion beherrschen sollten. In ihrer Darstellung verschleierte die Seekriegsleitung bewusst die Tatsache, dass es zum Zeitpunkt lediglich ein Schiff gab, nämlich die „Bechelaren“, dem man den Status eines Donaumonitors zuerkennen konnte. Außerdem wurde verschwiegen, dass der Monitor außer Kriegsbereitschaft war und auf den Austausch der schadhaften Turbine gegen entsprechende Dieselaggregate wartete. Da man frühestens im April 1944 mit einem neuerlichen Einsatz der „Bechelaren“ rechnen konnte, blieb das Problem des Mangels an geeigneten Kriegsschiffen auf der Donau weiterhin auf der Tagesordnung.

Drei Tage später, am 17. Dezember 1943, findet sich im KTB folgende resignative Passage: … „Chef Skl Qu berichtet, dass es in zweimonatigem Bemühen nicht gelungen ist 4 Donauschlepper zu erfassen, die für Herrichtung als Monitore vorgesehen sind. Ein vom Führer geforderter Neubau von Monitoren würde mindestens ein Jahr dauern, kommt also bis Frühjahr nicht in Betracht. Es ist sehr zweckmäßig, den Schlepperneubau durchzuführen. C/Skl befiehlt außerdem Erprobung durch einen MFP durchführen zu lassen, inwieweit diese Einheiten auf der Donau eingesetzt werden können. Neubauforderungen lassen sich nur auf Kosten des übrigen Flottenbauprogramms verwirklichen.“[10] Am selben Tag wurden im Führerhauptquartier die zum Schutz der Donauschifffahrt im Bereich zwischen Bazias und Turnu Severin vorgesehenen Maßnahmen durch einen Sachbearbeiter des Wehrmachtsführungsstabes vorgetragen. Dabei kam Hitler abermals auf die von ihm gewünschten Donaumonitore zu sprechen.[11]


Dönitz in der Klemme

Großadmiral Dönitz, der sich am 19. und am 20. Dezember 1943 im Führerhauptquartier in der Wolfsschanze aufhielt, hatte mehrere Besprechungen mit Hitler, über die Fregattenkapitän Pfeiffer notierte: „Bezüglich der Donaumonitore äußerte der Führer seine Absicht, diese Fahrzeuge nicht nur auf der Donau einzusetzen, sondern vor allem im Schwarzen Meer und in der Kertschstraße. Er forderte deshalb den Neubau von Monitoren. Der Ob. d. M. erklärte, dass ein solcher Neubau sehr störend für das Flottenbauprogramm sei, weil hierfür besondere Kapazitäten abgezweigt werden und an anderer Stelle fehlen müssen. Der Führer bat, trotzdem zu prüfen, ob nicht vorhandene Schiffskörper, Maschinenanlagen und Geschütze zusammengebaut und daraus brauchbare Monitore hergestellt werden könnten. Der Ob. d. M. sagte diese Prüfung zu. Er erklärte außerdem, dass der beabsichtige Umbau der 4 Donauschlepper weiter betrieben würde, sobald sie erfasst sind.“[12]

Diese Entwicklung der Dinge war für Dönitz sehr unangenehm, denn einerseits wollte er Hitlers Wünschen nachkommen, andererseits aber auch einen Einbruch in das soeben mühsam erstellte Flottenbauprogramm verhindern. So entschloss sich Dönitz, nach Anhörung der Vorträge seiner Stabsoffiziere, zu einem Befreiungsschlag und befahl vier Marine-Artillerie-Leichter (MAL) von jenen, die für den Einsatz auf dem Peipussee vorgesehen waren, als behelfsmäßige Monitore für die Donau zu adaptieren. Zusätzlich wollte man auch noch die beiden Motorzugschiffe, die mittlerweile von der WTL SO frei gegeben worden waren, zu Behelfsmonitoren umbauen.[13] Darüber berichtet das KTB am 20. Dezember: „Chef Skl hat nach Vortrag durch Chef 1/ Skl und Chef Skl Qu A entschieden, dass für die Donau als behelfsmäßige Monitore bereitzustellen sind: a) 4 MAL von den für Peipussee bereitgestellten und b) 2 von den Schleppern, die Mar. Gruppe Süd namhaft gemacht hat.“[14]

Allerdings hatte diese Lösung einen Haken, denn es war allgemein bekannt, dass die MAL, aufgrund ihrer baulichen Eigenschaften und der schwachen Antriebsanlage, für einen Einsatz in der starken Strömung der Donau völlig ungeeignet waren. So versuchte die Seekriegsleitung schon bald sich aus der Schlinge zu befreien, die Dönitz mit seiner Entscheidung gelegt hatte. Man suchte fieberhaft nach einem Ersatz für die Marine-Artillerieleichter, von denen es nun plötzlich hieß: „Nach Auffassung der 1/ Skl sind MAL wegen unzureichender Seetüchtigkeit ungeeignet.“[15] Doch Dönitz gab den strikten Auftrag, dass keinerlei neue Konstruktionen geschaffen werden dürfen, sondern mit vorhandenen Typen das Auslangen zu finden sei. So wurde nun die Gattung der Marinefährprähme (MFP), in der Ausführung als Artillerieträger, als Donaumonitor ins Spiel gebracht, wobei im Sinne Hitlers eine Armierung mit 10,5 cm Kanonen angestrebt werden sollte.[16]


"Bechelaren"
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Die Seekriegsleitung formulierte für den gewünschten Donaumonitor die maßgeschneiderten Vorgaben. Unter Berücksichtigung der Stromgeschwindigkeit und der häufig wechselnden Wasserstände sowie der zum Teil geringen Tiefen der Donau sollten diese Fahrzeuge einen Tiefgang bis 1,50 m haben und eine Geschwindigkeit von mindestens 10 Seemeilen erreichen. Die Bestückung sollte möglichst mit zwei 10,5 cm Kanonen erfolgen und auch eine ausreichende Flakbewaffnung (Vierlinge und Maschinengewehre) sollte vorgesehen werden. Zusätzlich wurden ein entsprechender Panzerschutz und gute Manövriereigenschaften gefordert. Die Länge sollte 60 m und die Breite 10 m nicht überschreiten. Damit hatte man die Bedingungen, abgesehen von der Manövrierfähigkeit und Geschwindigkeit, auf einen Artillerieträger auf MFP-Basis zugeschnitten. Dazu kam dann noch, entsprechend Hitlers Wünschen, eine ausreichende Seetüchtigkeit bezüglich einer Verwendung im Schwarzen Meer.[17] Dönitz konnte mit seinen Mitarbeitern zufrieden sein.

Natürlich waren der Seekriegsleitung auch die Vorbehalte der Marinegruppe Süd bekannt, nach deren Auffassung sowohl MFP und MAL wegen ihrer schlechten Manövriereigenschaften und geringen Motorleistung für einen kampfmäßigen Einsatz auf Flüssen kaum geeignet waren. Denn diese Art von Schiffen manövrierte im engen Flussbett viel zu schwerfällig, wobei der gleichgerichtete Schraubengang und die fehlende Eignung für eine längere Rückwärtsfahrt zusätzliche Nachteile brachten. Ebenso ungünstig wurde die Aufstellung der Bewaffnung bei den Artillerieträgern beurteilt. Nach Meinung der Experten wäre für einen Donaumonitor, um der Waffenwirkung vom nahen Ufer aus begegnen zu können, ein rasches und kraftvolles Manövrieren die Grundvoraussetzung. Denn nur Schnelligkeit und Wendigkeit ermöglichten es auch die eigenen Waffen wirkungsvoll zum Einsatz zu bringen.[18]

Ab April 1944 scheint die Bezeichnung Donaumonitor nirgends mehr auf, scheinbar gab es ein ungeschriebenes Gesetz dieses Wort, welches der Marineführung um den Jahreswechsel 1943/44 so viel Ungemach bereitet hatte, nicht mehr in den Mund zu nehmen. Selbst die „Bechelaren“ wurde nun als Fluss-Kanonenboot bezeichnet, eine unverfängliche Bezeichnung, welche die sechs zur Auslieferung gekommenen Artillerieträger kaum kompromittieren konnte. Möglicherweise ist auch hier der Grund zu suchen, dass auch die vorgesehene Umbenennung auf Artilleriefähre (AF) unterblieb. Das Wort „Fähre“ wäre wohl dem Mythos vom Donaumonitor zu sehr abträglich gewesen, da war die Bezeichnung Artillerieträger (AT) unverfänglicher. Doch Hitler hatte mittlerweile andere Sorgen und Dönitz wird sich wohl gehütet haben dieses Thema bei seinen zahlrechen Gesprächen mit dem Führer auch nur anzuschneiden.


Ein Donaumonitor wird kreiert

Anlässlich einer Besprechung mit Dönitz am 22. Dezember 1943 fasste die Seekriegsleitung die Fakten wie folgt zusammen: „Hinsichtlich der Frage der Donaumonitore erhält 1/ Skl Auftrag, an Skl Qu A bzw. K Forderungen aufzustellen, die für seegehende Monitoren in Betracht kommen, die sowohl auf der unteren Donau als auch zum Beispiel in der Kertschstraße eingesetzt werden können. Chef Skl denkt daran, dass nicht Neukonstruktionen geschaffen werden müssen, sondern dass vorhandene Typen mit vorhandenen Motoren und Armierungsstücken hergerichtet werden können. Dabei wird Armierung bis zu 10,5 cm erwartet. 1/ Skl hat ihre Forderungen an Skl Qu A übermittelt.“[19] Damit hatte man sich auf die Lösung „Artillerieträger“ für die Donau festgelegt und den ursprünglich vorgesehenen Einsatzraum im Bereich des Eisernen Tores, mit den dort herrschenden hohen Strömungsgeschwindigkeiten, auf die ruhigere Untere Donau verschoben . Mit diesem Kunstgriff hoffte Dönitz die von Hitler geforderten Donaumonitore rasch und ohne Eingriffe in das Schiffsbauprogramm zu realisieren zu können.

Trotz der nach wie vor vorhandenen Bedenken der Gruppe Süd beharrte Dönitz auf dieser Lösung. Die Donaumonitore sollten jedoch, auf ausdrücklichen Wunsch Hitlers, anstelle der beiden 8,8 cm Geschütze der bisherigen Artillerieträger nun solche mit einem Kaliber von 10,5 cm bekommen. Dabei ergaben sich unerwartet neuerliche Probleme. Darüber berichtete das KTB am 4. Januar 1944: „Nr. 5 und 6 der Artillerie-MFP für Schwarzes Meer liegen abfahrbereit in Linz. Befohlener Einbau der 10,5 cm Geschütze macht Schwierigkeiten. Ob. d. M. verweist auf Wunsch des Führers, der sich mit 8,8 cm Armierung nicht zufrieden geben wird. Wenn Umarmierung nicht möglich sein sollte, müssen neue Fahrzeuge gebaut werden. Zeitverlust müsste in Kauf genommen werden. Chef Skl Qu A erhält Weisung zu prüfen, welche Zeit für Umarmierung beansprucht wird.“[20]

Als am 11. Januar 1944 das Ergebnis der geforderten Überprüfung, welche bei der Marine-Ausrüstungsstelle in Linz erfolgte, bekannt war, wurde das Thema in der Seekriegsleitung neuerlich erörtert: „Entsprechend Weisung Chef Skl hat Chef Skl Qu A geprüft, welche Zeiten für den Umbau der MFP zwecks Armierung mit 10,5 cm Geschütz benötigt würden. Es hat sich ergeben, dass die Umarmierung fertiger Einheiten längere Zeit beansprucht, als wenn die nächsten Neubauten neu armiert werden. Skl Qu A hat demgemäß angeordnet, dass die nächsten 6 MFP-Neubauten für den Einbau von 10,5 cm Geschützen vorgesehen werden. Chef Skl wird klar stellen, ob der Führer diese Fahrzeuge als Monitore anerkennt.[21] Der Einbau der beiden für den „Donaumonitor“ ausgewählten und besonders auch zur Fliegerabwehr geeigneten 10,5 cm Seezielkanonen machte erhebliche Änderungen am Schiffskörper erforderlich.[22] Bedingt durch den erheblich stärkere Rückstoß der Kanone, mehr als 80 % mehr Rückstoßenergie als beim 8,8 cm Geschütz, mussten die Positionen der Geschütze zum Teil verändert und die Schiffsstruktur geändert und verstärkt werden, wobei auch die Munitionskammern entsprechend vergrößert wurden.[23]


AFP vom Typ D3
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Die Zustimmung Hitlers erreichte Dönitz bei seinem nächsten Besuch in der Wolfsschanze am 18. Januar 1944, wie die Niederschrift über die Besprechung des Ob. d. M. mit dem Führer am 18./19.1.1944 zeigt: „Ob. d. M. schlägt dem Führer vor, die Frage der Monitore für Donau und Schwarzes Meer dadurch zu lösen, dass die nächsten sechs Artillerie-MFP, deren lebenswichtige Teile gepanzert sind, mit je 2—10,5 cm Geschützen zu bestücken. Der Führer ist einverstanden.“[24] Die Wahl fiel auf die Baunummern 928 bis 933 der Schiffswerft Linz AG, die man bereits im Januar 1943 für die Marinefährprähme 912 bis 917 vergeben hatte. Nun sollte der Weiterbau als Artillerieträger mit 10,5 cm S. K. C/32 erfolgen.[25] Ende Februar rechnete man, dass die Fertigstellung und Abnahme der ersten zwei 10,5 cm Artillerieträger noch im April, durch die Bauaufsicht der Kriegsmarine in Linz, erfolgen könnte. Die restlichen vier Einheiten sollten dann im Mai nachfolgen.[26]

Doch diese Planungen waren viel zu optimistisch, denn die Folgen des Luftkrieges machten sich, auch wenn Linz selbst noch nicht direkt betroffen war, durch die ständigen Arbeitszeitverluste infolge von Fliegeralarmen, aber auch durch luftkriegsbedingte Verzögerungen und Ausfälle bei den Zulieferungen, bemerkbar. So konnten die beiden ersten Artillerieträger erst Ende Juni 1944 der Truppe übergeben werden. Da den Verantwortlichen der Marine klar war, dass diese Schiffe alles andere als brauchbare Donaumonitore waren, suchte man den Einsatz dieser Schiffe auf der Donau möglichst zu umgehen, um nicht den Wahrheitsbeweis antreten zu müssen. So teilte man die Neubauten der 3. Artillerieträgerflottille zu, die im Schwarzen Meer kämpfte. Im Schwarzmeer-Raum hatte man schon seit längeren Artilleriefähren mit Erfolg eingesetzt, die allerdings nur mit 8,8 cm Geschützen ausgerüstet waren.


Schein und Wirklichkeit

Letztlich waren es die Alliierten, die es ermöglichten, den Disput um die Donaumonitore zu beenden. Denn ab April 1944 unternahmen sie den Versuch, den Schiffsverkehr auf der Donau mittels Magnetminen zum Erliegen zu bringen. Ab diesem Zeitpunkt waren vor allem starke Zugschiffe zum Ausbringen der Räumgeräte gefragt, um so die Fahrrinne möglichst bald wieder frei zu bekommen. Eine rasche Räumung der Minen war nämlich die Voraussetzung, um den entstandenen Schiffsstau aufzulösen und die Transporte wieder in Gang zu bringen. Mittlerweile hatte sich auch die Partisanengefahr auf eine marginale Größe reduziert, denn als Reaktion auf die nächtlichen britischen Minenunternehmen hatte man Ballonsperren errichtet und leichte Flak an beiden Ufern der Donau stationiert. Das machte, ebenso wie der neu eingerichtete deutsche Melde- und Beobachtungsdienst, die Uferbereiche des Stromes für die Partisanen zu gefährlich und unattraktiv. Man brauchte nun einfach keine Monitore mehr!

So wurden die Artillerieträger 912 und 913 nach deren Fertigstellung am 25. Juni 1944 für die 3. Artillerieträgerflottille, die im Schwarzen Meer stationiert war, in Dienst gestellt. Am 10. Juli 1944 folgten dann AT 914 und 915 nach.[27] Da die 3. AT-Flottille kurze Zeit später aufgelöst wurde und durch die ständige Rückwärtsbewegung der Ostfront die Marinebasen am Schwarzen Meer verloren gingen, wurde letztlich doch noch die Donau zum Schicksalsfluss für alle sechs „Donaumonitore“. Die beiden zuletzt fertiggestellten Monitore, AT 916 und AT 917, verließen erst im August die Werft in Linz und fuhren ebenfalls donauabwärts. AT 916 wurde am 24. August im Bereich des Eisernen Tores vorläufig der Donauflottille unterstellt.[28] Zwei Tage später wurde auch AT 917 in Pantschova von der Donauflottille übernommen und die Unterstellung über den Marineverbindungsoffizier der Heeresgruppe F (Oberbefehlshaber Südost) beantragt.[29]

Abschließend sei noch kurz über den Verbleib der sechs Donaumonitore berichtet. Als erstes Schiff seiner Klasse sank AT 913 am 28. August 1944 im Kampf mit rumänischen Monitoren bei Corabia. AT 912 wurde im Rahmen des Rückzuges am 14. September bei Milutinovac durch die eigene Besatzung versenkt. Zwei Tage später mussten AT 914 und AT 915 im selben Donauabschnitt, bei Brze Palanka, gesprengt werden. Länger im Einsatz waren AT 916 und AT 917. Beide fanden erst am 6. Mai 1945, also erst unmittelbar vor der Kapitulation, ihr Ende auf österreichischem Gebiet. Die beiden letzten Donaumonitore wurden bei einem Gefecht mit Panzern der 11. amerikanischen Panzerdivision mehrfach getroffen und versanken auf Höhe der Ortschaft Wallsee in den Fluten der Donau.

Anstelle eines abschließenden Urteils über die Brauchbarkeit dieser Donaumonitore lassen wir am besten den Inspekteur des Minenräumdienstes Donau, dem die Donauflottille zuletzt unterstellt war, mit einem Kommentar zum Kriegstagebuch der Donauflottille zu Wort kommen. Anlässlich der Rückzugsgefechte bei Ogradina und Svinita, im Bereich des Eisernen Tores, vermerkte das Kriegstagebuch der Donauflottille: „24.9. Die Artillerieträger konnten wegen ihrer geringen Maschinenkraft in diesem Raum nicht mehr eingesetzt werden. Die Artillerieträger wurden zur Sicherung der rückwärtigen Gebiete eingesetzt“. Diese Eintragung kommentierte Kapitän zur See Lautenschlager folgendermaßen: „Die Artillerieträger erreichen durchschnittlich gegen den Strom eine Geschwindigkeit von 5 km. Sie mussten deshalb einige Male in den Gefechten geschleppt und aus dem Gefecht herausgeschleppt werden. Der Inspekteur Minenräumdienst wird diesen Artillerieträgern (AF und MAL) in Zukunft als Führerboot und als Zugschiff die stärksten ihm zur Verfügung stehenden Räumfahrzeuge beistellen. Diese Zugschiffe werden zurzeit mit leichter Flak gut ausgerüstet, sodass sie auch selbst in die Gefechte eingreifen können.“[30] Dazu erübrigt sich wohl jeder weitere Kommentar.


Dönitz und die Hilfsmonitore

Am 24. Dezember 1943 meldete sich die Marinegruppe Süd in Sachen Einsatz von Marine-Artillerieleichtern (MAL) auf der Donau nochmals zu Wort. Mittels Fernschreiben verwies sie auf die bereits am 19. Dezember abgegebene negative Stellungnahme. Dabei wurde nochmals betont, dass der MAL aufgrund seiner manövrier- und sonstigen Eigenschaften für einen Einsatz als Hilfsmonitor auf der Donau ungeeignet wäre.[31] Doch keine Intervention konnte mehr verhindern, dass die von Dönitz getroffene Entscheidung umgesetzt wurde. Schon am nächsten Tag wurden die im April 1943 erteilten Aufträge für die 60 Stück MAL entsprechend abgeändert und neu verteilt. Bezüglich der Donaumonitore hieß es dazu im Verteilungsbefehl: „Bandentätigkeit erfordert Verstärkung Donauflottille, daher sind 4 MAL als Hilfsmonitore herzurichten. Bewaffnung 2 – 8,8 cm, 1 – 3,7 cm, 1 – 2 cm Vierling und 4 Raketen-Abschuss-Geräte. Schutzschilde für Geschütze und Panzerschutz Steuerstand unumgänglich erforderlich. Möglichkeit Panzerschutz Pontons prüfen.“[32]


"Bechelaren"
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Als Hitler am 18. Januar 1944 dem Projekt Artillerieträger als Donaumonitor zustimmte, endete für Dönitz die für ihn sicher schmerzhafte Phase des Ungehorsams gegenüber den Wünschen seines Führers. Allerdings konnten sich weder Dönitz noch die Seekriegsleitung zur Korrektur der Fehlentscheidung vom 20. Dezember bezüglich des Einsatzes von MAL auf der Donau durchringen. Man beließ es dabei, die vier Donaumonitore sollten, mit einer zusätzlichen Panzerung im Bereich der Wasserlinie, im Mai als 15. bis 18. Einheit dieses Typs zur Auslieferung kommen.[33] Als weiteres Zugeständnis sollten diese vier anstelle der 8,8 cm nun 10,5 cm Seezielkanonen bekommen. Da man mit der baldigen Fertigstellung der ersten Artillerieträger auf MFP-Basis rechnete, entschied man am 16. Februar, dass die Hilfsmonitore für die Donau hinter der Aufstellung der Peipussee-Flottille zurücktreten mussten.[34]

Unklar war zu diesem Zeitpunkt noch, ob diese Hilfsmonitore dem Kontingent für Russland oder jenem für die Ägäis entnommen werden sollten. Eine diesbezügliche Entscheidung war besonders dringlich, weil die Bewaffnung und Zusatzpanzerung der MAL von ihrer späteren Verwendung abhing.[35] Erst am 25. Februar 1944 führte man diese Frage einer Regelung zu, die Donaumonitore sollten nun in der Werft Wien der Gutehoffnungshütte zusammengebaut werden. Doch bereits Anfang März wurden die Prioritäten neuerlich geändert. Nun standen die Leichter für die 4. Artillerieträger-Flottille an vorderster Stelle und erst danach kamen jene für die Donau und für die Ägäis, nun beide mit gleicher Dringlichkeit.[36]

Der Fertigung dieser Hilfsmonitore kam zugute, dass die Kriegsmarine in den letzten Monaten des Jahres 1943 einen Ring für die Fertigung von MAL im Wiener Raum eingerichtet hatte. Hauptauftragsnehmer war die Firma Rax-Werke A.G. in Wiener Neustadt. Zulieferungen sollten von der Schiffswerft der DDSG in Korneuburg sowie den Wiener Stahlbaubetrieben Wiener Brückenbau A.G., Waagner-Biró A.G., Simmering-Graz-Pauker A.G. (SGP) und der Allgemeine Baumaschinengesellschaft erfolgen.[37] Die Fertigstellung der für den Donaubereich vorgesehenen MAL 29 und 30 sollte bei Werft Wien der Gutehoffnungshütte im Winterhafen erfolgen und der MAL 28 sollte in der Schiffswerft der DDSG in Korneuburg fertig montiert werden. Für den MAL 27 wurde keine Werft genannt, sondern nur Wien angegeben.[38]

Die Aufteilung konnte in dieser Form nicht eingehalten werden. Letztlich wurden bei der Werft Wien die MAL 27 und MAL 29 zusammengebaut und MAL 28 und 30 in Korneuburg. Bei diesen vier MAL handelte es sich um die als Hilfsmonitore vorgesehenen Fahrzeuge, welche als Besonderheit eine Seitenpanzerung des Schiffsrumpfes hatten. Auch die Bewaffnung mit jeweils zwei 10,5 cm Seezielkanonen, neben den üblichen leichten Flakwaffen, wich von der Norm ab. Zusätzlich zu den vier Hilfsmonitoren wurden dem Inspekteur Minenräumdienst Donau (IMRDD) am 19. September 1944 von der Seekriegsleitung, in Absprache mit der Marinegruppe Süd, die AT 916 und 917, also jene die am spätesten fertig werden sollten, zur Verwendung auf der Donau zugewiesen.[39]

Gegenüber dem harschen Protest der Marinegruppenkommandos vom vergangenen Dezember fiel die Kritik an den Zuweisungen nun eher mild aus. Im KTB der Gruppe Süd findet sich am 20. September folgender Eintrag: „Als AT wurden dem Inspekteur 6 MAL zugewiesen, die allerdings wegen ihrer geringen Geschwindigkeit nur bedingt für die Donau geeignet sind. Über die organisatorische Eingliederung der Fahrzeuge wird zu gegebener Zeit entschieden.“[40] Bedingt durch die ständigen Bauverzögerungen wegen nicht vorhandenen Materials oder fehlender zuzuliefernder Teile, aber auch durch die ständigen Luftkriegseinwirkungen sowohl in Wiener Neustadt als auch in Wien, konnten die vorgegeben Termine für die Fertigstellung nicht annähernd eingehalten werden. So standen die ersten MAL erst Anfang Oktober zur Abnahme bereit.

Als erstes Fahrzeug verließ der MAL 28 in der ersten Oktoberwoche die Werft in Korneuburg um die Probefahrten zu absolvieren. Für den 10. Oktober waren die Probefahrten der MAL 27 und 29 in Wien angesetzt und die Besatzungen standen seit Anfang Oktober in Linz auf Abruf bereit.[41] Doch ein Luftangriff der 15. US-Luftflotte auf Wien am 7. Oktober 1944 machte einen Strich durch die Rechnung und brachte das Aus für die MAL 27 und 29. Beide Artillerieträger wurden auf dem Werftgelände der Gutehoffnungshütte von einer Sprengbombe getroffen. Von den insgesamt 28 Sprengbomben, die man später auf dem Werksgelände zählte, war eine im Heckbereich der nebeneinander liegenden Schiffe detoniert. Die schweren Beschädigungen im hinteren Schiffsteil führten dazu, dass beide Leichter im Hafenbecken versanken.[42] Der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in Wien befindliche MAL 28 meldete hingegen nur leichte Schäden an Oberdeck und am Inventar.[43]


"Balmung"
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Der MAL 30 sollte plangemäß am 10. Oktober von der Schiffswerft Korneuburg nach Wien zur Werft der Gutehoffnungshütte überstellt werden. Unter normalen Umständen hätte man hier noch mit einer Werftliegezeit von 10 bis 12 Tagen zu rechnen gehabt, doch der Fliegerangriff machte alle Planungen hinfällig.[44] Als Mitte Oktober im Auftrag des Admirals der Seebefehlsstellen der Schiffsbestand neuerlich erfasst wurde, ergab sich folgende Situation: MAL 28 wurde als in Wien für IMRDD in Dienst gestellt gemeldet, war aber noch nicht in Fahrt. MAL 30 lag in Wien und war noch nicht in Dienst gestellt. Die MAL 27 und 29 wurden als mehr oder weniger zerstört klassifiziert.[45] Dazu vermerkte der Inspekteur Minenräumdienst im KTB: „MAL 27 und 29 versuchen zu heben. Entscheidung über Verwendung Ausrüstung und Schiffskörperteile nach Bergung und nochmaliger Besichtigung. Bitte um Entscheidung, ob beide ersetzt werden sollen. Donau Werft Wien nach einigen Wochen wieder arbeitsfähig. Mit erheblichen Verzögerungen in Ablieferung der dort in Bau befindlichen Fahrzeuge muss gerechnet werden.“[46]

Nachdem die Marinedienststellen in den nächsten Wochen vergeblich versuchten, entsprechende Bergemittel für eine Hebung der beiden Leichter zu bekommen, verzichtete man schließlich auf eine Wiederherstellung. Bedingt durch die chaotische Situation nach dem Luftangriff konnte der noch ausständigen MAL erst mit langer Verzögerung an die Marine übergeben werden. Laut Meldung des Flottillen-Stützpunktes Linz konnte der MAL 30 erst am 22. November in Dienst gestellt werden.[47] Die beiden Hilfsmonitore MAL 28 und 30 wurden dann am 1. Januar 1945 der 1. Donauflottille zugeteilt, fanden jedoch, vor allem wegen ihrer ungenügenden Motorleistung, bis zum Kriegsende keine Verwendung mehr. Großadmiral Dönitz, der Erfinder dieser Hilfsmonitore, die nur im Schlepp eines Zugschiffes verwendet werden konnten, dürfte dies wohl kaum gekümmert haben.

Es wird sich wohl auch niemand in der Hierarchie gefunden haben, der den Oberbefehlshaber der Marine auf diesen traurigen Umstand aufmerksam gemacht hätte. So wurden die für den Einsatz auf der Donau vorgesehenen Behelfsmonitore im Mai 1945 in Passau von den amerikanischen Truppen, in nicht verwendungsfähigen Zustand, aufgefunden. Am 22. Juni 1946 wurden die desarmierten Leichter von der US-Armee in Deggendorf an die deutsche Verwaltung übergeben, welche den Bayerischen Lloyd in Regensburg mit der weiteren Verwertung beauftragte.[48]


Das kurze Leben der beiden Behelfsmonitore


"Balmung"
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Nach zähen Ringen zwischen den Wehrmachtsteilen Heer und Marine wurden am 19. Dezember 1943 zwei moderne Motorzugschiffe für den Umbau zu Behelfsmonitoren freigegeben.[49] Bei den von der Wehrmachtstransportleitung Südost angebotenen Schiffen handelte es sich um das am 18.12.1941 in Dienst gestellte Motorzugschiff „Köln“ des Bayerischen Lloyd und das am 11.4.1942 in Dienst gestellte Motorzugschiff „Anna Wallner“ der Reederei Josef Wallner in Deggendorf. Trotz der Zusage des Wehrmachtsführungsstabes auf insgesamt fünf Schiffe blieb es bei diesen zwei Abgaben, da es auf der Donau allgemein an Schleppkraft mangelte. Die Situation wurde zu Anfang des Monats April 1944 durch den Abwurf von Luftminen noch weiter verschärft, als zu den Ausfällen durch die Magnetminen noch die Abgabe von zahlreichen Zugschiffen für die Minenräumung kamen. Damit war jede weitere Beschlagnahme zugunsten der Kriegsmarine illusorisch geworden.

Den Anfang machte das Motorzugschiff „Anna Wallner“, welches als erstes für die Kriegsmarine in Anspruch genommen wurde. Das in den Jahren 1941/42 bei der Deggendorfer Werft & Eisenbau GmbH erbaute Schiff gehörte zum Typ N des nach Kriegsbeginn aufgelegten „Sofortprogramm“ des Reichsverkehrsministeriums für Schiffsneubauten. Das 48 m lange und 7,20 m breite Schiff wurde am 11.4.1942 in Dienst gestellt und die Beschlagnahme erfolgte am 29.12.1943. Der Umbau erfolgte anschließend bei der Marine-Ausrüstungsstelle Linz, wobei eine 7,5 cm Seezielkanone, eine 3,7 cm Seezielkanone und ein 2 cm Flakvierling sowie zwei 2 cm Maschinengewehre c/30 auf entsprechenden Ständen montiert wurden. Am 7. April 1944 erfolgte die neuerliche Indienststellung unter dem Namen „Balmung“.[50]


"Nothung"
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Das zweite angebotene Motorzugschiff, die bei der Werft Christof Ruthhof in Regensburg 1941 erbaute „Köln“, war 49 m lang und 7,6 m breit. Das Schiff wurde am 5.1.1944 beschlagnahmt und anschließend der Marine-Ausrüstungsstelle in Linz zum Umbau übergeben. Die Bewaffnung entsprach jener der „Balmung“ und das Schiff konnte am 12.6.1944 unter dem Namen „Nothung“ der Marine übergeben werden.[51] Beide Schiffe wurden der Donauflottille zugeteilt und kamen zur Sicherungsgruppe Eisernes Tor. Da man mittlerweile den mit der 10,5 cm Kanone ausgerüsteten Artillerieträgern die Funktion eines Donaumonitors zugedacht hatte, wurden die beiden ursprünglich als Behelfsmonitore vorgesehen bewaffneten Schlepper nun als Wachschiffe bezeichnet.

Als Anfang April 1944 die britische Luftminenoffensive einsetzte, wurde die Forderung laut, die beiden im Umbau befindlichen Motorzugschiffe zu Sperrbrechern umrüsten. Zu diesem Zeitpunkt hatte man bereits ein Wachschiff der Sicherungsgruppe Eisernes Tor, die „Gunther“, mit einer Entmagnetisierungsschleife ausgerüstet um sie als Räumschiff gegen die Magnetminen einzusetzen. Ein diesbezüglicher Antrag des Marineverbindungsoffiziers bei der Heeresgruppe F (Oberbefehlshaber Südost) fand jedoch keine Zustimmung, weil für den Umbau zu Behelfsmonitoren ein entsprechender „Führerbefehl“ vorlag.[52] So bestätigte die Seekriegsleitung, dass sowohl „Anna Wallner“ als auch „Köln“ als Wachschiffe (Behelfsmonitore) in Dienst zu stellen sind.[53] Dass diese Entscheidung richtig war und vor allem den dringenden Bedarf der Donauflotte an geeigneten Schiffen berücksichtigte, sollte sich bald zeigen.[54] Denn kaum waren die neuen Schiffe in den Dienst gestellt, gingen die beiden bisherigen Wachschiffe der Sicherungsgruppe, „Alberich“ und „Gunther“, durch Mineneinwirkung verloren.[55]

Auch den beiden neuen Wachschiffen war kein langer Bestand beschieden, beide fielen ebenfalls den britischen Magnetminen zum Opfer. Am 11. September lief die „Balmung“ unweit von Dunavecse, bei Stromkilometer 1573, auf eine Grundmine, wobei das Heck abbrach und sechs Besatzungsmitglieder den Tod fanden.[56] Das schwer beschädigte Schiff konnte noch auf das Ufer gesetzt werden und wurde Anfang Oktober nach Deggendorf geschleppt, wo es später abgewrackt wurde. Ein ähnliches Schicksal war auch der „Nothung“ zugedacht. Das Wachschiff sank am 22. Oktober nach einer Minendetonation unweit von Dalja, bei Donaukilometer 1353, wobei sieben Mann der Besatzung ums Leben kamen. Auch das Wrack der „Nothung“ wurde, allerdings erst lange nach dem Krieg, gehoben und nach erfolgter Wiederherstellung im Jahr 1957 als jugoslawisches Motorzugschiff „Ucka“ neuerlich in den Dienst gestellt.[57]


Hier noch einige Fotos der „Bechelaren“ (obere Reihe) und der „Köln“ (untere Reihe). Durch anklicken sehen Sie die Fotos in Originalgröße.














[1] Laut Lexikon ist ein Monitor ein stark gepanzertes Kriegsschiff welches in Küstengewässern und auf Strömen eingesetzt wird.
[2] NARA, Microfilm Publikation T-77 roll 743. KTB Wehrwirtschaftsstelle und Rüstungskommando Linz, 22.8.1939 bis 31.12.1939. OKM W In XVII Nr. 1459/38 g., vom 6.8.1938.
[3] Ebenda. Der Stapellauf des Versorgungsschiffes Krimhild erfolgte unmittelbar nach Kriegsbeginn, am 7.9.1939, Brünhild folgte am 30.9.1939.
[4] Erich Gröner, Die deutschen Kriegsschiffe 1915—1945, Band 8/1, S.105—107. Nach anderer Quelle (Skl I m) erfolgte die neuerliche Indienststellung nach dem Umbau am 24.4.1944 (T-1022 roll 2539).
[5] T-1022 roll 1933, PG-33078. 1. Skl 41819/43 gKdos., vom 11.12.1943.
[6] KTB Skl Teil A, Band 52, 6.12.1943, S. 88.
[7] T-1022, PG-33080. 1. Skl 41819/43 gKdos., vom 11.12.1943.
[8] KTB Skl Teil A, Band 52, 9.12.1943, S. 146.
[9] Ebenda, 14.12.1943, S. 243.
[10] Ebenda, 17.12.1943, S. 276. Anstelle „Schlepperneubau“ sollte es wohl „Schlepperumbau“ heißen.
[11] KTB OKW/WFSt, Band III, 17.12.1943, S. 1366.
[12] Gerhard Wagner (Hg.) Lagevorträge des Oberbefehlshaber der Kriegsmarine vor Hitler 1939—1945, München 1972. Oberkommando der Kriegsmarine, B. Nr. 1. Skl. Ib 4067/43 gKdos. Chefs., 8.1.1944. Hier der Punkt 2.
[13] T-1022, roll 1933, PG-33080.1Skl 52537/43 geh., vom 20.12.1943.
[14] KTB Skl Teil A, Band 52, S. 303.
[15] T-1022, roll 1933, PG-33080. Skl 1 Op a 42922/43 Gkdos., vom 22.12.1943, Betr.: Donaumonitore.
[16] Ebenda.
[17] Ebenda.
[18] Ebenda.
[19] KTB Skl Teil A, Band 52, 22.12.1943, S. 352.
[20] KTB Skl Teil A, Band 53, 4.1.1944, S. 49 f.
[21] Ebenda, 11.1.1944, S. 180.
[22] 10,5 cm S. K. C/32 n. S in 10,5 cm M. P. L. (Mittelpivotlafette) C/32 g. E.
[23] Historisches Marinearchiv, Landungsfahrzeuge. Peter Kreuzer, Reinhard Kramer, Stefan Westermann, Artilleriefährprähme. Ein Übersichtsplan eines Donaumonitors mit 10,5 cm S. K. C/32 findet sich bei: Erich Gröner, Die deutschen Kriegsschiffe 1915—1945, Band 7, im Vorsatz.
[24] Gerhard Wagner (Hg.) Lagevorträge des Oberbefehlshaber der Kriegsmarine vor Hitler 1939—1945, München 1972. Oberkommando der Kriegsmarine, B. Nr. 1. Skl. Ib 224/44 gKdos. Chefs., 24.1.1944, Punkt 2. (18.1. Vortrag Ob. d. M. im Anschluss an die Führerlage in kleinem Kreise), hier der Punkt g.
[25] Die Schiffswerft Linz lieferte im 1. Halbjahr 1944 zehn MFP und 2 KT-Schiffe aus. Vergleiche dazu: Norbert Schausberger, Rüstung in Österreich 1938—1945, Wien 1970, S. 151.
[26] T-1022 roll 1933, PG-33080. Skl Qu A I, vom 24.2.1944, Anfallende Kleinfahrzeuge im Jahre 1944 für Admiral Ägäis und Admiral Schwarzes Meer.
[27] Tagesbefehl 13/44 des Admirals der Seebefehlsstellen, vom 19.6.1944. Die Indienststellung erfolgte noch in Linz. So trat beispielsweise der am 10.7. in den Dienst gestellte Artillerieträger 914 die Fahrt von Linz donauabwärts erst am 29.7. an. Vergleiche dazu auch: Historisches Marinearchiv, Landungsfahrzeuge, hier die Datenblätter der MFP AT 912 bis AT 917.
[28] NARA T-1022 roll 4290, PG-31604. KTB Donauflottille. Eintragungen vom 24. und 26.8.1944.
[29] Ebenda.
[30] Ebenda S.11 f.
[31] T-1022, roll 1933, PG-33080. 1 Skl 43247/43 gKdos.
[32] T-1022, roll 1933, PG-33080. 1 Skl 43465/43 gKdos. Als Reihenfolge der Verteilung wurde festgelegt: zunächst 2 MAL an A. d. S. (für die Ausbildung) und anschließend die 4 Donaumonitore.
[33] Ebenda. 1 Skl I op Nr. 5912/44 gKdos, vom 25.2.1944.
[34] T-1022 roll 1933, PG 33080. 1 Skl Ia ohne Nummer/44, gKdos, vom 16.2.1944, Betr.: MAL.
[35] Ebenda.
[36] T-1022 roll 1933, PG 33080. 1 Skl 6838/44 gKdos, vom 2.3.1944.
[37] Norbert Schausberger, Rüstung in Österreich 1938—1945, Wien 1970, S. 138.
[38] T-1022 roll 2599, PG-45987. KTB M. Gr. Süd, KTB (Klebestreifen), Vermerk vom 19.9.1944 (Besprechung mit OKM Skl. Adm. Qu. I. Über die Werften im Wiener Raum informiert der vertrauliche alliierte Interpretations Report No. S. 114,vom 27.1.1945.
[39] T-1022 roll 2599, PG-45987. KTB M. Gr. Süd, KTB (Klebestreifen), Vermerk vom 19.9.1944.
[40] Ebenda. Vermerk vom 20.9.1944.
[41] T-1022, roll 2599 PG-45988. KTB M. Gr. Süd (Klebestreifen), Vermerk vom 9.10.1944.
[42] BArch-MArch RM 61/IX-2, KTB IMRDD, 21.10.1944.
[43] T-1022 roll 2599, PG-45988. KTB M. Gr. Süd (Klebestreifen), Vermerk vom 9.10.1944.
[44] BArch-MArch RM 61/IX-2, KTB IMRDD, 13.10.1944.
[45] Ebenda. 14.10.1044.
[46] Ebenda. 21.10.1944.
[47] Ebenda. 28.11.1944.
[48] Historisches Marinearchiv: Landungsfahrzeuge, hier die Datenblätter der Marineartillerieleichter MAL 28 und 30.
[49] KTB Skl Teil A, Band 52, S. 303.
[50] Erich Gröner, Die deutschen Kriegsschiffe 1915—1945, Band 8/1, S.121—122.
[51] Erich Gröner, Die deutschen Kriegsschiffe 1915—1945, Band 8/1, S.107—109. Nach andere Quelle (Skl I m) erfolgte die Indienststellung für die Donauflottille am 5.5.1944 in Linz (T-1020 roll 2539).
[52] T-1022, roll 4263, PG-46074. KTB Marinegruppenkommando Süd. O. Qu., Rückblick Monat April 1944.
[53] Ebenda. PG-46076. O. Qu., Rückblick Monat Mai 1944.
[54] T-1022, roll 4263, PG-46080. KTB Marinegruppenkommando Süd vom 19.7.1944: „Donauflottille hat so wenige Fahrzeuge, dass auf 355 km Apatin – Moldova einerseits, auf 130 km langer Strecke Moldova – Turnu-Severin andererseits nur je 2 Wachschiffe und 4 bis 5 FR-Boote kommen, wobei die AKB (nicht einsatzbereiten) Fahrzeuge noch nicht berücksichtigt sind.“
[55] „Alberich“ ging am 8.5.1944 bei km 1139 durch die Detonation einer Magnetmine verloren. „Gunther“ ereilte am 27.6.1944 bei km 1086 das gleiche Schicksal.
[56] T-1022, roll 1933, PG-33081. IMRDD, Donaulage am 11.9.1944.
[57] T-1022, roll 1933, PG-33081. IMRDD, Donaulage am 22.10.1944.


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