Der Marinenachschubleichter (MNL) vom Typ I entstand aufgrund der militärischen Forderung nach einem seegehenden Nachschub- und Landungsfahrzeug, das in der Lage war, von Deutschland über die südfranzösischen Kanäle und Flüsse einschließlich des Rhein-Rhone-Kanals ins Mittelmeer zu gelangen.
Den vorhandenen Marinefährprähmen (MFP) und Marineartillerieleichtern (MAL) war diese Möglichkeit der Überführung verwehrt, weil ihre Abmessungen das Freycinet-Maß der Schleusen dieser Wasserstrasse (Länge 39,0 m, Breite 5,2 m, Tiefgang 1,8 m) überschritten.
Länge und Breite des neuen Gemeinschaftsentwurfes der Kriegsmarine und der Firma Krupp Stahlbau wurden daher so gewählt, dass sie annähernd den Abmessungen einer handelsüblichen Penische entsprachen. Dieses weit verbreitete Fahrzeug der Binnenschifffahrt mit maximal 38,5 m Länge und höchstens 5,05 m Breite wurde traditionell schon seit vielen Jahren nach diesem Schleusenmaß gebaut. Daneben konstruierte man den Oberteil des Steuerhauses, das Podest mit der 2 cm – Vierlingsflak und den Ladepfosten zum Passieren niedriger Brücken leicht abbaubar.
Das neue Landungsfahrzeug war bei weiträumigen Verlegungen nicht allein auf das europäische Wasserstraßennetz angewiesen, um in seinen Einsatzraum zu gelangen. Der Rumpf bestand aus sechs, auf Eisenbahnwaggons verladbaren und schwimmfähigen Sektionen, die erst vor Ort mit Hilfe eines 20 t – Kranes verschraubt oder vernietet wurden. wobei die Vernietung als anzustrebende Art der Verbindung galt.
Angetrieben wurde der MNL von Dieselmotoren jenes Typs, der auch schon auf den MFP´s verwendet wurde. Wie auf den MAL´s, kamen aber nur zwei Motore zum Einbau, während die MFP´s von drei Maschinen angetrieben wurden.
Vom äußeren Erscheinungsbild war der MNL dem MFP nicht unähnlich. Allerdings wurde noch größerer Wert auf eine einfache und schnelle Konstruktion gelegt, was auch aus der nachfolgenden Gegenüberstellung des Fertigungsaufwandes hervorgeht:
Typ | Eisenbedarf | Holzbedarf | Arbeitsaufwand* |
MFP A | 180 Tonnen | 20 Kubikmeter | 32.000 Mannstunden |
MFP D | 225,5 Tonnen | 35 Kubikmeter | 38.500 Mannstunden |
MNL I | 96 Tonnen | 20 Kubikmeter | 27.000 Mannstunden |
*ohne Bewaffnung, Motore und Gerät
Betrachtet man dagegen den Material- und Stundenaufwand in Relation zum Ladungsgewicht bei einem bestimmten Seegang, ergibt sich bei allen Unzulänglichkeiten eines derartigen Vergleichs ein etwas differenzierteres Bild:
Typ |
geschätzte Zuladung |
Eisenbedarf |
Holzbedarf |
Arbeitsaufwand |
MFP A | 85 Tonnen | 2,12 Tonnen | 0,24 Kubikmeter | 376,5 Mannstunden |
MFP D | 140 Tonnen | 1,61 Tonnen | 0,25 Kubikmeter | 275,0 Mannstunden |
MNL I | 82,5 Tonnen | 1,16 Tonnen | 0,24 Kubikmeter | 327,3 Mannstunden |
*ohne Bewaffnung, Motore und Gerät
Bemerkenswert ist hier neben der stetigen Abnahme des Eisen- und des konstanten Holzbedarfes pro Tonne Zuladung der relativ geringe Arbeitsstundenaufwand für einen Marinefährprahm vom Typ D.
Vom transporttechnischen Standpunkt war der MNL recht interessant, weil er eine Kombination aus Raum- und Flächenfahrzeug darstellte. Ersteres wurde von der Marine bevorzugt, weil dieser Typ die witterungsgeschützte Unterbringung der Ladung ermöglichte. Die Alternative des Flächenfahrzeuges wurde von der Luftwaffe und vom Heer favorisiert.
Der Laderaum war 16,0 m (nach anderer Quelle 20,0 m) lang, 3,5 m breit und hatte bei einer Höhe von etwa 1,6 m einen nutzbaren Rauminhalt von 90 m³. Zwei 4,00 m (nach anderer Quelle 2,86 m) x 1,51 m große Ladeluken und ein Ladepfosten mit einem Ladebaum von 2 t Tragkraft, der zwischen diesen beiden Luken je nach Bedarf an der Backbord- oder Steuerbordseite aufgestellt werden konnte, dienten zum Be- und Entladen.
Die Ladefläche an Oberdeck war etwa 21 m lang und wies bei einer Breite von 3,5 m eine Fläche von 60 m² auf. Hier konnten bei einer Fahrbahnbreite von 2,5 m drei Lastkraftwagen hintereinander transportiert werden.
Abgesehen von der Möglichkeit, 200 voll ausgerüstete Soldaten im Laderaum und an Deck unterzubringen, betrug die normale Zuladung über See 75 t, wobei das Landungsfahrzeug bis Seegang 4 eingesetzt werden konnte. Im höchsten Beladungsfall mit 90 t Ladung ergab sich eine Verwendbarkeit bis Seegang 2.
Aus Stabilitätsgründen mussten wenigstens zwei Drittel des Zuladungsgewichtes im Laderaum untergebracht werden. Wurde dieser leer gefahren, durften an Oberdeck nur maximal 20 t Ladung gestaut werden und die Zellen des 45 cm hohen Doppelbodens mussten mit 30 t Ballastwasser gefüllt werden, was etwa vier Minuten dauerte.
Bemerkenswerterweise erhielt der MNL vom Typ I keine Landeklappe, weil ein schnelles Be- und Entladen von Heeresfahrzeugen nicht gefordert worden war. Stattdessen kamen einfache Spurbahnträger zur Anwendung, die vor jeder Ladetätigkeit von Fahrzeugen mit entsprechendem Zeitaufwand an Land ausgebracht werden mussten. Dieses Konstruktionsmerkmal schränkte die Verwendungsmöglichkeit des MNL vom Typ I als offensives Landungsfahrzeug der ersten Welle drastisch ein und unterstreicht die vordergründige Aufgabe dieser Bauserie als Nachschubfahrzeug.
Zum Bau der MNL verwendete man bereits vorbereitetes Material, welches die Luftwaffe zur Verfügung stellte, nachdem der Bau von weiteren Fahrzeugen des Typs Siebelfähre 43 (Siebel Typ II, S-Fähre Serie V) eingestellt worden war.
Für MNL 1 bis 20 wurden die Bauaufträge bereits am 07.04.1943 erteilt, jedoch gelangte keines dieser Boote zum Einsatz.
Als die Alliierten am 15.08.1944 mit der Operation „Dragoon“ ihre Landung in Südfrankreich begannen, entfiel das westliche Mittelmeer als vorgesehener Einsatzraum der MNL´s. Der chronische Tonnagemangel zur Versorgung der ägäischen Inseln führte schließlich dazu, dass in der Nähe von Saloniki eine Montagestelle für MNL´s errichtet wurde. Dort wurden allerdings nur noch zwei Boote aus der Gruppe MNL 6 bis 10 für die 4. Transportflottille fertig montiert. Nach dem sowjetischen Durchbruch der deutsch-rumänischen Stellungen im Bereich der Heeresgruppe Südukraine in Moldawien und Bessarabien waren die deutschen Nachschubverbindungen nach Griechenland bedroht. Der daraufhin beginnende deutsche Rückzug aus Griechenland führte zur Selbstversenkung der beiden Boote Ende Oktober 1944.
MNL 1, 2, 11 und 12 sollten als Fluss-Sperrbrecher mit einem sogenannten vereinfachten Kreuzpolgerät (KPG) von etwa 70 t Gewicht ausgerüstet werden. Dieses geringfügig geänderte italienische Gerät namens „Canona Antimagnetica“ (CAM) war vom italienischen Professor Dr. G. M. Pestarine entwickelt worden und bestand aus zwei kreuzartig über dem Oberdeck verlegten Eisenspulen zum Räumen von Magnetminen. Als Einsatzgebiet dieser Boote war die für Nachschub- und Rohstofftransporte äußerst wichtige Donau vorgesehen. Auch diese Boote, deren Seefähigkeit noch geringer eingeschätzt wurde, als jene der MAL II – Sperrbecher, wurden nicht mehr fertig gestellt und ihr Bau am 08.01.1945 storniert.
MNL21 bis 32, am 05.06.1943 in Auftrag gegeben, kamen in der Mehrzahl noch bei der 3. Transportflottille zum Einsatz. Lediglich MNL 21 und 22 werden zu dieser Zeit bei der 24. Landungsflottille in der Ostsee, MNL 23 bei der 15. Landungsflottille in der Adria, sowie MNL 31 und 32 bei der Rheinflottille gemeldet.
Mit dem vergrößerten MNL vom Typ II wurde ein völlig neues Landungsfahrzeug konstruiert, das mit dem Vorgänger sehr wenige Gemeinsamkeiten hatte.
So wurde keinerlei Rücksicht auf das Freycinet-Maß genommen und drei Dieselmotore als Antriebsmaschinen, sowie eine Landeklappe anstatt der umständlicheren Spurbahnträger vorgesehen.
Das Boot sollte aus 15, auf Eisenbahnwaggons verladbaren Sektionen bestehen und bei einer maximalen Tragfähigkeit von 170 t eine Ladung von 125 t über See transportieren können. Dafür stand eine Ladefläche von etwa 350 m² zur Verfügung, davon 235 m² an Deck und 115 m² im Laderaum.
Der Arbeitsaufwand pro Boot wurde mit 32.000 Stunden berechnet, der Eisenbedarf mit 158 t kalkuliert.
Zu einer Auftragsvergabe kam es allerdings nicht mehr, da spätestens Anfang 1944 alle Planungsarbeiten zugunsten des neuen Einheitslandungsbootes (EL) eingestellt wurden.
Im Jahr 1943 machte der zunehmende Mangel an Rohstoffen und Arbeitskräften einschneidende Rationalisierungsmassnahmen beim Bau von Landungsfahrzeugen erforderlich, um weiterhin eine als ausreichend angesehene Zahl von Booten ausliefern zu können. Daher forderte der für den Bau von Kriegsschiffen zuständige „Hauptausschuss Schiffbau“ die Beschränkung auf einen einzigen Landungsbootstyp mit folgenden Eigenschaften:
Obwohl nach Ansicht der „Schiffbaukommission“, die für die Typenauswahl bzw. die Konstruktion neuer Fahrzeuge verantwortlich war, der bereits vorhandene MAL und auch die Siebelfähre diese Forderungen erfüllt hätten, wollte die Kriegsmarine nicht auf den bewährten MFP verzichten, während das Heer und die Luftwaffe die Siebelfähre bevorzugten. Man entschloss sich daher zu einer Neukonstruktion, wofür die einzelnen Wehrmachtsteile folgende Forderungen erhoben:
Vor allem die unterschiedlichen Erfordernisse betreffend der Lademöglichkeiten und -verhältnisse führten zu einer Kompromisslösung, die von der „Schiffbaukommission“, der Firma Krupp Stahlbau und dem Ingenieursbüro „Rhein“ als Gemeinschaftsprojekt entwickelt wurde. Demnach sollte das EL hauptsächlich als Nachschublandeboot (NL) gebaut werden. Zusätzlich war noch ein Artillerielandeboot (AL) als Ersatz für die bisherigen Artilleriefährprähme (AF) der Kriegsmarine vorgesehen.
Mit dem NL entstand ein Fahrzeug, das als Schiffsklasse zwischen dem MAL und dem MNL stand, ohne allerdings die Laderaumabmessungen eines MFP und die Größe der Ladeplattform einer Siebelfähre zu erreichen. Das neue Landungsboot hatte zudem einen größeren Tiefgang als der MFP.
Das NL bestand aus 12, auf Eisenbahnwaggons verladbaren Sektionen, wovon elf schwimmfähige Pontons den Rumpf bildeten und die zwölfte Sektion das Deckhaus darstellte.
Die Rumpfteile wurden beim Zusammenbau zunächst durch simple Bolzenkupplungen miteinander verbunden. Anschließend erhöhte man die Festigkeit des Schiffskörpers durch zusätzliche Verbindungslaschen und Zugbolzen, um die geforderte gute Seefähigkeit zu erreichen.
Diese Vorgehensweise gewährleistete zwar die gewünschte Festigkeit, bedingte aber eine genaue und damit zeitraubende und teure Schablonenarbeit, sowie einen aufwendigeren Zusammenbau des Schiffskörpers.
Die Wasserdichtigkeit des Rumpfes im Seegang blieb dennoch problematisch!
Zum Bau eines Bootes rechnete man mit einem Aufwand von 42.500 Arbeitsstunden und einem Eisenbedarf von 186,5 t. An Holz kalkulierte man mit einem Bedarf von 65,0 m³ pro Boot.
Als Antrieb waren ursprünglich zwei direkt umsteuerbare Dieselmotore von je 450 PS Leistung vorgesehen, die auf zwei Wellen wirken sollten. Da aber bald abzusehen war, dass diese Maschinen nicht rechtzeitig lieferbar sein würden, wurden vier Motore jenes bewährten Typs vorgesehen, der bereits auf den MFP´s, MAL´s und MNL´s Verwendung fand. Zwangsläufig ergab sich damit eine Vier-Wellen-Anlage und die Maschinen mussten, jeweils zu zweit, aus Platzgründen versetzt in den beiden Motorenräumen aufgestellt werden.
Bei einer maximalen Tragfähigkeit von 120 t konnte ein NL über See 80 t Ladung transportieren oder alternativ mit Minenschienen als Minenleger Verwendung finden.
Die Fahrbahn auf dem Oberdeck war so verstärkt, dass zwei Panzerkampfwagen „Tiger“ oder schwere Feldhaubitzen mit einem Raddruck von 5,5 t aufgenommen werden konnten.
Zum schnellen Be-und Entladen der Ladeplattform diente eine neu konstruierte, zweiteilige Landeklappe.
Die beiden Laderäume wurden über zwei Luken be- und entladen. Dazu standen zwei Ladepfosten mit je einem 2 t – Ladebaum zur Verfügung, die wahlweise an der Backbord- oder Steuerbordseite aufgestellt werden konnten.
Das AL unterschied sich in der Rumpfform vom NL vor allem durch einen Spitzbug. Dieses neue Vorschiff hielt man nach den bisherigen Erfahrungen mit den AF´s zur Vermeidung von starken Stampfbewegungen im Seegang für notwendig.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal war ein zusätzliches kleines Deckhaus vor den Brückenaufbauten.
Neben dem Steuerstand und der Brücke, die wie auf dem NL durch 25 mm starke St60 – Stahlplatten geschützt waren, bekam das AL auch einen Wasserlinienpanzer aus diesem Material und in selber Stärke. Zusätzlich sicherte eine 100 mm starke Betonauflage den Artillerieleitstand, das Schanzkleid des neuen Deckhauses mit der dortigen Munitionskammer, sowie die Munitionskammern für die 10,5 cm – Munition.
Am 06.03.1944 erging der Bauauftrag für vier Prototypen.
EL 1 und EL 2 wurden nicht fertig gestellt, vorgefertigte Teile wurden aber zum Bau der Pionierlandungsboote 45/I und 45/II verwendet.
EL 3 galt als Prototyp für das NL und lag im November/Dezember 1944 in Stettin auf Slip zum Fertigbau.
EL 4 befand sich bereits im Oktober 1944 in Stettin, um als Prototyp für das AL umgebaut zu werden, was aber infolge der Kriegsereignisse nicht mehr begonnen wurde.
Aus heutiger Sicht lassen die Hauptabmessungen des EL und sein Antriebskonzept die Vermutung zu, dass dieser letzte deutsche Kriegsentwurf für ein Landungsfahrzeug bei der Entwicklung der Landungsboote vom Typ LABO der Volksmarine Pate gestanden hat.
Bisher ließ sich allerdings ein Beleg hierfür noch nicht finden.
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