Chronik des Seekrieges
Miszellen
Ursprüngliche Bildunterschrift:
4. Unter Deck eines Marinefährprahms werden Kaukasier von Deutschen verschleppt
.
 
Kaukasische Flüchtlinge unter Deck eines
dt. Marinefährprahms.

Micha Jarczyk <Bytomsk> schreibt :
Eins liegt mir noch auf dem Herzen. Es ist eine eher private Sache. Es geht mir um die Beschriftung des Bildmaterials, das in der Chronik zu finden ist. Ein Bild sehe ich mir (Juni 1943, Nr. 4), und seine Unterschrift ("Unter Deck eines MFP werden Kaukasier von Deutschen verschleppt") lese ich mit gemischten Gefühlen. Das Bild lügt nicht, weil es bestimmt Kaukasier sind, aber das mit der Verschleppung finde ich wenig zutreffend. War das nicht so, daß die Richtung Kaukasus marschierenden deutschen Truppen von den dort lebenden Völkern, wie Befreier begrüßt wurden? Als sich dann das Blatt nach Stalingrad wendete, und der Kuban-Brückenkopf geräumt werden mußte, flohen dann diese Leute, berechtigterweise Stalins Rache fürchtend, mit Kind und Kegel vor der näherrückenden Roten Armee, und die Kriegsmarine stellte dann noch ihren bescheidenen Schiffsraum zur Verfügung, um diese Leute zu retten. Aus heutiger Sicht könnte man sagen, daß es sich um eine humanitäreAktion gehandelt hat. Das aber zu behaupten, würde bedeuten, eine dicke Lippe zu riskieren, denn es gibt Kreise um einen hochausgezeichneten Professor der Geschichte (seinen Namen will ich hier nicht erwähnen, aber Sie werden sicher wissen, wen ich meine), die bemüht sind, die deutsche Geschichte in einem falschen Licht zu zeigen.

Thomas Weis schreibt:
Die Bildunterschrift "Kaukasier werden von Deutschen verschleppt" wurde von dem Bildverlag übernommen, von dem wir das Bild erworben haben. Nach Lektüre des Aufsatzes "Die deutsche Herrschaft in den besetzten Gebieten" von Hans Umbreit in: "Das deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg" Band 5,2 / Hrsg. Militärgeschichtliches Forschungsamt <Potsdam> habe ich begriffen, dass die Kaukasier doch (anders als die Ukrainer, die sich zuerst ebenfalls sehr über die "deutschen Befreier" freuten und dann ihres Rechtes auf Selbstbestimmung entledigt, enteignet und zur Sklavenarbeit herangezogen wurden) weitgehende Selbstverwaltung erhielten, wenn auch nur unterhalb der Ebene staatlicher Unabhängigkeit. Ich werde daher den Untertitel ändern und den Begriff der Verschleppung nicht mehr benutzen. Die Begriffe "human" und "humanitär" spreche ich allerdings ungern einem Regime zu, das vor sogenannten "nicht-arischen" Völkern im Prinzip keinen Respekt hatte, solange es darin keinen eigenen Vorteil sah. Es soll auch nicht vergessen werden, dass die Marine sich an anderer Stelle, z.B. beim Abtransport von Juden in die Vernichtungslager auf polnischem Territorium, an inhumanen Unternehmungen kritiklos beteiligt hat. Ich bevorzuge daher eine neutrale Aussage: "Kaukasische Flüchtlinge unter Deck eines MFP."


Literatur:
Die deutsche Herrschaft in den besetzten Gebieten / Hans Umbreit. In: Das deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg / Hrsg. vom Militärgeschichtliches Forschungsamt <Potsdam>: Band 5,2 (Abt.) : Kriegsverwaltung, Wirtschaft und personelle Ressourcen, 1942 - 1944/45 / von Bernhard R. Kroener. - 1999. -- ISBN 3-421-06499-7 -- [24] = Württ.Landesbibliothek Signatur: B 37278-5,2a

Die Ostlegionen 1941 - 1943 : Turkotataren, Kaukasier und Wolgafinnen im deutschen Heer / Joachim Hoffmann. - 3., unveränd. Aufl.. - Freiburg : Rombach, 1986. ; (Einzelschriften zur militärischen Geschichte des Zweiten Weltkrieges ;19) -- ISBN 3-7930-0178-4 -- [24] = Württ.Landesbibliothek Signatur: 45/220